Wer sich der Polarität der Dinge bewusst ist und seine Handlungen darauf einstimmt, hat die Zufriedenheit auf seiner Seite. Wenn wir die Spielregeln des Lebens verstanden haben, bekommen Ent-täuschung und Schuld keinen Raum mehr und das innere Glück breitet seine Flügel in unserem Herzen aus.
Vom Propheten Mohammed wird folgende Begebenheit berichtet:
Der Prophet kam mit einem seiner Begleiter in eine Stadt, um zu lehren.
Bald gesellte sich ein Anhänger seiner Lehre zu ihm: “Herr! In dieser Stadt geht die Dummheit ein und aus. Die Bewohner sind halsstarrig. Man möchte hier nichts lernen. Du wirst keines dieser steinernen Herzen bekehren.”
Der Prophet antwortete gütig: “Du hast recht!”
Bald darauf kam ein anderes Mitglied der Gemeinde freudestrahlend auf den Propheten zu: “Herr! Du bist in einer glücklichen Stadt. Die Menschen sehnen sich nach der rechten Lehre und öffnen ihre Herzen deinem Wort.”
Mohammed lächelte gütig und sagte wieder: “Du hast recht!”
“Oh, Herr”, wandte da der Begleiter Mohammeds ein: “Zu dem ersten sagtest du, er habe recht. Zu dem zweiten, der genau das Gegenteil behauptet, sagst du auch, er habe recht. Schwarz kann doch nicht weiß sein.”
Mohammed erwiderte: “Jeder Mensch sieht die Welt so, wie er sie erwartet. Wozu sollte ich den beiden widersprechen. Der eine sieht das Böse, der andere das Gute. Würdest du sagen, dass einer von den beiden etwas Falsches sieht, sind doch die Menschen hier wie überall böse und gut zugleich. Nichts Falsches sagte man mir, nur Unvollständiges.”
Aus dem Buch: Der Kaufmann und der Papagei (Perseschkian, 1979)
Die Polarität unserer Welt
Es ist hilfreich, wenn wir zu akzeptieren lernen, dass alles in unserem Leben immer zwei Seiten hat. Es gibt kein entweder oder sondern ein sowohl als auch [1]. Dies liegt in einem kosmischen Naturgesetz begründet – dem Polaritätsgesetzt. Dies besagt, dass es in unserem Universum immer zwei Pole gibt zu jedem Sachverhalt. In unserer Auffassung der Welt nehmen wir dies oft als scheinbare Gegensätze wahr. Beispiele wären hier gut/böse, oben/unten, links/rechts, klein/groß, voll/leer, schön/hässlich usw. Dies entspricht allerdings eher eine Dualität. In diese werden wir bereits in unserer Kindheit eingeführt, um die vermeintlich „guten“ Charaktereigenschaften auszuprägen. Die Polarität hingegen spannt einen wesentlich größeren Raum auf abseits einer Wertung. Dies illustrieren die folgenden Beispiele sehr gut:
- Einerseits bringen die von wohltätigen Organisationen gebohrten Brunnen in Afrika der Bevölkerung in diesen Gebieten wertvolles Trinkwasser zum Überleben. Andererseits brechen nun genau um diese Brunnen Kämpfe aus, bei denen viele Menschen ums Leben kommen.
- Kinder helfen Schmetterlingen beim Verpuppen aus ihrem Kokon, um es ihnen leichter zu machen. Doch diese Schmetterlinge sind nicht lebensfähig und sterben.
- Friedenspolitiker kommen nicht selten gewaltsam ums Leben (Mahatma Gandhi, Martin Luther King) [2].
Die Polarität drückt also vielmehr aus, dass es bei einer bestimmten Handlung, wie gut sie auch gemeint sein mag, immer auch eine Schattenseite gibt. Dies liegt in der Natur der Sache: Ohne Licht gibt es kein Schatten. In Goethes Faust wird dies deutlich an der Rolle des Teufels, der erkennen muss, dass er mit jeder Handlung auch etwas Gutes schafft. Das Zitat: „Ich bin Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“. Wir sind also gut beraten, wenn wir beginnen, uns der Naturgesetze unserer Welt bewusst zu werden. Hier gibt es mehr, als nur die Schwerkraft zu berücksichtigen, wenn wir ein glückliches und gesundes Leben führen wollen. Im Sinne des Polaritätsgesetztes bringt die Erwartungshaltung, anderen oder uns selbst gegenüber Gutes zu verrichten, als Schattenseite die Ent-täuschung mit, der wir dann unsere Betrübtheit zurechnen. Dies kann Menschen, die sich dieses Erwartung-Enttäuschung-Dilemmas nicht bewusst sind, den Ansporn geben, noch mehr zu kontrollieren und damit zu erwarten, um dann erneut in diesen Teufelskreislauf einzutauchen.
„Das Leben ist kein Unternehmen, dass wir managen müssen. Es ist ein Mysterium, das wir leben sollen.“
Quellen:
[1] Walach, H. 2005, Psychologie: Wissenschaftstheorie, philosophische Grundlagen und Geschichte. Stuttgart: Kohlhammer
[2] Dahlke, R., 2009 Die Schicksalsgsetze