Jeder kennt die Situation, wenn uns eine Verletzung schmerzt und wir sagen zu uns, dass wir jetzt wieder heil werden wollen. Das Heilwerden bedeutet in seinem Ursprung, das wir nach Ganzheit streben. Das, was verwundet / kaputt / gespalten / abgetrennt ist, soll wieder ganz sein. Nun, wie wir uns denken können, gilt dies nicht nur für unsere körperlichen Verletzungen. Auch unser innerstes Selbst wünscht sich die Ganzheit. Carl Gustav Jung (Schweizer Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie) hatte dies mit seiner Definition
Selbst = Ich + Schatten
zum Ausdruck gebracht. Unser Selbst spalten wir also im Laufe der Zeit auf in zwei Teile. Das Ich ist das, was wir sein wollen und der Schatten beinhaltet unsere unbewussten und von uns nicht geliebeten Aspekte. Nähere Informationen zu diesem Thema sind in diesem Blogartikel beschrieben.
Doch wie können wir unsere Schattenanteile wieder integrieren, so dass sich unser Selbst wieder in Richtung Ganzheit entwickelt? Dazu gibt es verschiedene Methoden, die für jeden individuell unterschiedlich wirken können.
Die Schattenarbeit
Wo Licht ist, da ist auch Schatten. In unserer polaren Welt hat jedes “Ding zwei Seiten” oder anders, “Kein Nachteil kommt ohne Vorteil”. In Goethes Werk Faust wird die Polarität durch folgendes Zitat ausgedrückt:
„Ich bin Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“
– Johann Wolfgang Goethe, Faust
Wir können uns also noch so bewusst anstrengen und mit besten Absichten handelt, es bleibt nicht aus, dass auch ein Schattenanteil entsteht. Und so ist es auch mit unserem Selbst geschehen. Wir haben im Laufe der Zeit durch unsere Konditionierung unbewusste Schattenanteile gebildet, die fortan unser Leben beeinflussen. Ziel ist es nun, Licht ins Dunkel zu bringen. Denn wo Licht leuchtet, verschwindet der Schatten. Wenn wir unsere Schattenanteile nicht wieder integrieren, dann werden diese uns im Laufe unseres Lebens an Kraft gewinnen. Denn was wir ablehnen, dass ziehen wir unbewusst an (Gesetz der Anziehung).
Wenn wir z. B. in unserer Kindheit gelernt haben, dass es schlecht ist, laut zu sein, dann haben wir unseren wilden und lauten Anteil, mit welchem wir auf die Welt gekommen sind, in den Schatten gedrückt. Natürlich mit dem Zweck, unseren Eltern ein leises und damit aus ihrer Sicht liebes Kind zu sein, was dann umso mehr geliebt wird. Dieser laute Anteil in uns wird nun immer wieder mit uns in Kontakt treten und will wieder integriert und angenommen sein. Einige Menschen denken, dass es Ihnen nicht in die Wiege gelegt worden ist, für sich auch mal notfalls lautstark einzustehen und Grenzen zu ziehen in Diskussionen. Oftmals führt das dazu, dass sogar viel Wut über die Jahre angestaut wird, denn mal lautstark brüllen und Dampf ablassen, gehört nicht zu einem lieben und leisen Kind. Dies führt dann unweigerlich zu Problemen im Leben und letztlich zu körperlichen Krankheitssymptomen. Und diese werden immer intensiver, je länger wir die Schattenanteile unbeachtet lassen. Da Lautsein eine Art der Aggression ist, kann dies z. B. als Schattenaspekt zu Allergien und Entzündungen im Körper führen. Denn die Kraft der Aggression kann dadurch, dass sie im Schatten ist, nicht konstruktiv für mutige und tapfere Taten genutzt werden. Also wendet sich diese Kraft Krieg und Zerstörung auf anderer Ebene zu. Das Feuer in uns kann nicht einfach gelöscht werden. Wir können uns lediglich aussuchen, ob wir es sinnvoll nutzen wollen oder ob es sich unbeachtet als unkontrollierter Brand in uns ausdehnen soll.
Nun können wir erkennen, dass wenn wir diesen Aspekt des Lautseins wieder zu uns nehmen, dass es dann keinen Grund mehr gibt für unseren Körper, als symbolische Geste Krankheitsbilder oder Probleme auszuprägen, da wir uns dem Thema auf der Bewusstseinsebene stellen. Nun heißt das nicht in unserem Beispiel, dass wir fortan lautstark brüllend durch unser Leben gehen, sondern wir gewinnen mit unserem integrierten Lautsein eine Energie zurück, die uns bislang nicht konstruktiv zur Verfügung stand. Im Schatten sind alle Energien destruktiv und führen auf lange Sicht nur zu Leid. Aber erlöst (integriert) und als konstruktive Kraft können wir uns nun z. B. wieder besser durchsetzen und für unsere Dinge kämpfen.
Und so führt uns die Arbeit mit unseren Schatten Stück für Stück wieder Energien zu, die wir dann in unserem weiteren Leben nutzen können. Das kann soweit führen, dass wir uns Fähigkeiten aneignen können, die wir ansonsten nie oder nur in sehr geringem Maße und mit hohem Aufwand ausgeprägt hätten.